Der 9te psychiatrische Fachpflegetag wurde vom St. Antonius-Krankenhaus in Wissen ausgerichtet

28.09.2023

Wie lebt und arbeitet man humorvoll? Und wie kann Humor als Reflexionsebene bei "Herausforderndem Verhalten" genutzt werden?

Unter dem Motto „Humor statt lange Gesichter“ startete der 9te psychiatrische Fachpflegetag, der dieses Jahr vom St-Antonius Krankenhaus der GFO im Wissener Kulturwerk ausgerichtet wurde.

Nachdem rund 3 Jahre, unter den bekannten Umständen der Corona Pandemie, Humor und Spaß arg gelitten hatten, wollte das Fachpflegeteam des Hauses diesmal bewusst den Fokus darauf legen.

Wir wollen alle Spaß an und während unserer Arbeit haben.

Doch gerade im manchmal belastenden psychiatrischen Arbeitsalltag stellen sich dazu einige Fragen: Humor in der Psychiatrie – Wie kann das funktionieren? Hilfreich, angemessen oder irritierend? Wie lässt sich der schmale Spagat zwischen Heiterkeit und Ernsthaftigkeit bei psychisch angeschlagenen Menschen im pflegerischen Alltag umsetzen?

Um sich mit dieser spannenden Thematik auseinanderzusetzen sind rund 80 Teilnehmer verschiedener Krankenhäuser aus Rheinland Pfalz und Nordrhein Westfalen nach Wissen gekommen.

Dazu eingeladen waren die Dozenten Christoph Müller aus Köln und Matthias Prehm aus Großenbrode, südlich der Ostseeinsel Fehmarn.

Christoph Müller, Fachkrankenpfleger der Psychiatrie mit Berufserfahrung in der Forensik, greift in diesem Kontext das Thema „Herausforderndes Verhalten“ auf. Doch was hat denn herausforderndes Verhalten mit dem Thema Humor zu tun?

Herausforderndes Verhalten stellt die Welt auf den Kopf. Es läuft einfach nicht mehr in den gewohnten Bahnen. Nehmen wir den Aspekt der Wechselseitigkeit auffälligen Verhaltens ernst, so sind wir als psychiatrisch Pflegende in der Verantwortung, nach den eigenen Anteilen zu suchen. Welchen Beitrag habe ich geleistet, dass mein Gegenüber aus den Fugen gerät? Gibt es etwas, was mein Gegenüber auf die Palme bringt, wenn sie oder er mir begegnet?

Und Humor stellt bekanntlich die Welt auch ein wenig auf den Kopf. Humor fordert uns, einen Kopfstand zu machen. Humor ist eine Ermunterung, die Welt an sich, das einzelne Geschehen aus einer anderen Perspektive anzuschauen. Insofern kann es ein erster Schritt sein, in schwierigen, sich zuspitzenden Situationen in die Schuhe der Betroffenen zu schlüpfen.

Anschaulich stellt Christoph Müller dar, wie man Humor als Reflexionsebene einsetzen kann und mit diesem gewollten Perspektivenwechsel einen Weg aus einer sich zuspitzenden Situation des herausfordernden Verhaltens finden kann.

Matthias Prehm, Fachkrankenpfleger für Intensivpflege und Anästhesie, hat 2012 die Agentur „Humor Pille“ (www.humorpille.de) gegründet.

Nach der Devise „Wir ziehen alle an einem Boot“ zeigt der Nordfriese herzerfrischend und lebhaft auf, warum Humor glücklich macht und wie man humorvoll leben und arbeiten kann.

Volksweisheiten wie „Lachen ist die beste Medizin“ oder „Humor ist, wenn man trotzdem lacht“ kennt jeder. Doch wie kann man in Zeiten von Stress, Überbelastung und Unterbesetzung den Spaß an der Arbeit nicht verlieren?

Gerade am Arbeitsplatz ist es wichtig, sich den Sinn für Humor, den im Grunde jeder besitzt, zu bewahren oder neu zu entdecken. Manchmal hat sich dieser Sinn unter der Flut von Arbeit, Verantwortung und Hektik einfach nur versteckt und möchte wieder gefunden werden!

„Warum hast Du so oft gute Laune bei der Arbeit?“ fragen die Kollegen. „Ich habe es schon mal mit schlechter Laune versucht, aber es wurde einfach nicht besser!“ kontert Matthias Prehm.

Was sich so einleuchtend anhört, ist in der Umsetzung für einige schwierig. Wenn wir gemeinsam lachen können, entwickelt Humor seine ganze Schönheit. Daher ist es wichtig, sich selbst und sein Verhalten zu reflektieren: Was habe ich zur guten Laune bei der Arbeit beigetragen? Möchte ich mit mir zusammen arbeiten?

Der Vortrag von Matthias Prehm erreicht die Teilnehmer praxisorientiert und lebendig. Sie bekommen aufgezeigt, wie man humorvoller, kreativer, entspannter und souveräner auf Alltagssituationen reagieren kann.

Doch gerade, wenn wir Humor am nötigsten hätten, verlässt er uns am schnellsten – im Stress oder wenn wir uns ärgern und uns damit gedanklich einengen. Deshalb ist es wichtig, sich für die Bereiche Glück, Empathie, Achtsamkeit und Wertschätzung zu sensibilisieren.

Ziel der diesjährigen Veranstaltung war es, Humor als wertvolle Ressource im pflegerischen Alltag zu entwickeln und zu bewahren. So kann man in Stresssituationen gelassener reagieren und steigert die eigene Resilienz. Die Teilnehmer haben erfahren, wie wertvoll es ist, Humor nicht nur intuitiv dann anzuwenden, wenn es einem gut geht, sondern Humor gezielt und bewusst als Grundhaltung einzusetzen.

Inspiriert von den Vorträgen und den anschließenden Workshops äußerten sich die Teilnehmer in der abschließenden Feedbackrunde begeistert. Neue Ideen für eine gute und humorvolle Interaktion mit Patienten und sich selbst konnten sie mit nach Hause nehmen.

Für das kulinarische Wohl während des Fachpflegetages sorgte im Übrigen die Küche des St. Antonius Krankenhauses und trug somit zu einem gelungenen Veranstaltungstag bei.

 

 

Text: Dietmar Kusch

Zuhörer im Hörsaal
HPD mit den Dozenten
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